Rosa Postkarten 25



Absender: Károly Timó, 1. 1. Marschregiment
Addresse des Absenders: Martini Batallion Bányay Kompanie
Feldpost 350

FELDPOSTKARTE

Addresse: An das geehrte Fräulein Antonia Zajác
III. Bezirk, Kis-Korona Straße 52.
Budapest





Vorige Postkarten (graue Punkte):

Galizien, 25 Juli 1915
Galizien, 14 Juli 1915
Galizien, 12 Juli 1915
Galizien, 6 Juli 1915
Galizien, 25 Juni 1915
Galizien, 10 Juni 1915
Debrecen, 5 Juni 1915
Budapest, 1 Juni 1915
Budapest, 1 März 1915
Budapest, 10 Februar 1915
Kecskemét, 30 Januar 1915
Dukla Pass, 11 Januar 1915
Felsőhunkóc, 4 Januar 1915
Sztropkó, 31 Dezember 1914
Budapest, 23 Dezember 1914
Budapest, 21 Dezember 1914
Budapest, 11 Dezember 1914
Budapest, 2 Dezember 1914
Budapest, 28 November 1914
Budapest, 27 November 1914
Budapest, 18 November 1914
Budapest, 27 Oktober 1914
Debrecen, 25 September 1914
Szerencs, 28 August 1914
Mein lieber Sohn2 August

Heute erhielte ich deine lang ersehnte Postkarte, worauf ich so lange wartete. Warum schreibst du so selten? Es scheint, dass du dich in Siófok wohl fühltest, da du mir von dort nicht einmal eine Karte gesendet hast. Aber das spielt keine Rolle. Ich hoffe, dass du es nachholen wirst. Die Hauptsache ist, dass du dich wohl fühlst. Ich bin immer noch gut, aber ich kann nicht warten, um dich zu sehen. Was ist mit deiner Mutter, ist sie gesund? Sind Veronka und Mariska wohl? Noch keine Nachricht über Feri?

Auch Stefán schrieb in dieser Woche, sie haben zu wenig Arbeit. Über Kozma und Béla gibt es keine Nachrichten. Sie haben seit langem auch an sie nicht geschrieben.

Ich habe keine andere Nachrichten.

Unzählige Umarmungen und Küsse von
Károly.

Grüße auch an die Daheimgebliebenen.

Schreib mir eine Menge



[Runde Zahl. Die fünfundzwanzigste Rosa Postkarte an die Adresse von Kiskorona Straße 52, in Óbuda, nordöstliche Budapest.

Die Straße existiert noch, doch hat die Zeit ihre unermündliche Arbeit auf sie vollendet.

Gehen wir denn zumindest im Gedanken zum Ort, in Kiskorona Straße, wohin die Rosa Postkarten adressiert wurden.

Ein Detail der Übersichtskarte von Budapest, 1:5000

Die Straße liegt auf der Bergseite der Lajos Straße, die parallel zum Ufer der Donau führt. Es verzweigt von ihr am Királydomb (Königshügel). Zuerst hieß sie Kronen Gasse, die später als Kiskorona (Kleine Krone) übersetzt wurde. Sie endete an der westlichen Seite des Heiligen Geistes-Platz, in Richtung Polgár Straße. In einigen Zeitaltern trug die ganze Straße oder ein Teil davon den Namen des Märtyrer Malers Adolf Fényes. (Die Königshügel war eine seltsame Formation. Ein nur wenige Meter hoch Hügel, mit schmalen Grundstücken und Häusern, die von seiner Mitte radial abliefen. Zwischen 1930 und 1941 haben die Ausgrabungen das unter ihnen zusammengebrochenen Soldaten-Amphitheater von Aquincum zur Oberfläche gebracht.)

Auch wenn diese Straße nicht so wichtig war wie Lajos Straße, die Hauptstraße von Óbuda, doch hatte sie eine Menge von kleinen Restaurants, Handwerksbetriebe, und die berühmte Goldberger Textilfabrik. Das Perc (Minute) Straße, die Kiskorona Straße überquerte, erhielt seinen Namen nach den Handwerkern aus der Nachbarschaft, die „Mister Minit“-s der Zeit.

Wie Ernő Zórád in seinen Aquarellen den ehemaligen Viertel Tabán in eine schöne, sonnige Hanglage mit krummen Gassen zauberte, so idealisierte Gábor Kássa Óbuda, und die ehemalige Kiskorona Straße in ihr.

Gábor Kássa: Die Kiskorona Straße

Über Nummer 52 haben wir kein Bild, nur über das dritte Haus daneben. Das am Foto von Kiskorona Straße 58 dargestellte Haus soll dem spurlos verschwundenen ähnlich sein. Warum sollte es anders aussehen?


Bis Ende der fünfziger und sechziger Jahre hatte sich diese Óbuda völlig heruntergekommen, so dass es sollte nicht zu viel Herzschmerz verursacht haben, sie zu zerstören. Die Bulldozer starteten. Nur eine Reserve von einer kleinen Hausgruppe blieb intakt um dem ehemaligen Korona-Platz. Das Bild unten darstellt das als Museum für Gaststättengewerbe renovierte Haus, sowie dasjenige daneben, in dessen Fenster der Schriftsteller Gyula Krúdy für sein berühmtes Foto posierte. Auf der rechten Seite sieht man den heutige Zivilklub von Óbuda, und weiter nach rechts, bereits das Foto verlassend, das Haus und Atelier von Gyula Knöpfler, der Fotograf der Straße, das zu ein Altenheim befördert wurde.

Der Korona-Platz vom Grundstück eines zerstörten Nebenwohnblocks gesehen

Heute sieht man in der Stelle der geraden Zahlen die unendlichen zehnstöckigen Wohnblocks, und der ungeraden Zahlen einige Ruinen. Im 14. Jahrhundert gründete hier Königin Elisabeth, die Witwe von König Karl Robert von Anjou und die Mutter von Ludwig der Große das Kloster der Armen Klarissen. Jetzt nur die kaum sichtbare Ruinen sind hier zu finden.

Auf dem kürzlich erhöhten Mauer stehend kann man sich irgendwo hinter den Bäumen das nicht vorhandene Haus, das Nonplusultra der Träume vorstellen.

P.S. Ja, ich weiß, dass dass Gerät auf dem Bild oben kein Bulldozer ist.]

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