Weit weg vom Ararat


Unter den vielen ethnischen Gruppen des historischen Ungarn sind vielleicht die Armenier die am wenigsten bekannt. Zwar haben viele von uns eine/n Bekannte siebenbürgischen armenischen Ursprungs, und in den frühen 1990er Jahren, nach der Einführung des neuen Gesetzes über die ethnischen Minderheiten sahen wir mit Überraschung die Vielzahl der neu gebildeten armenischen Lokalregierungen, aber die genaue Herkunft und Zeitpunkt der Ankunft der Armenier zu Ungarn und die erhebliche Rolle, die sie vom 18. bis 20. Jahrhundert spielten, wurde erst kürzlich im Detail in solchen Bände dargesteltt, als Az erdélyi örmények története von Miklós Gazdovits (Geschichte der Siebenbürger Armenier, 2006), Gyergyói örmények könyve von Dezső Gazda (Buch der Armenier von Gyergyó, 2007), oder das von Sándor Őze und Bálint Kovács herausgegebene Örmény diaszpóra a Kárpát-medencében (Armenische Diaspora im Karpatenbecken, 2006-2007). Das macht so herasuragend die Ausstellung Weit weg vom Ararat – Armenische Kultur im Karpatenbecken des Historischen Museums von Budapest, die zum ersten Mal einen Überblick über die Geschichte und Kultur der Armenier in Ungarn gibt.


Die Ausstellung versucht es nicht, allumfassend zu sein. Es gruppiert nur um einige Kernthemen eine große Zahl ungarisch-armenischer Kunstobjekte, dessen Mehrheit werden nun zum ersten Mal in einer öffentlichen Ausstellung präsentiert. Obwohl die Themen durch kurze Beschreibungen eingeführt werdn, und auch die Gegenüberstellung der Objekte an sich auf einen historischen und thematischen Faden deutet, jedoch – und das ist unsere einzige, aber schwerwiegende Kritik – gerade wegen der Unbekanntheit dieser Geschichte und dem bahnbrechende Charakter der Ausstellung hätte es erforderlich gewesen, den historischen und sozialen Kontext dieser Objekte, Personen und Orten in einem Katalog im Detail zu präsentieren.

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Der Weg durch die über 400 Jahre der Geschichte der Armenier in Ungarn beginnt am Ararat, als das grundlegende Bezugspunkt der nachsintflutlichen Menschheit und vor allem der Armenier, von dem die im 17. Jahrhundert in Siebenbürgen einwandernden Armenier in der Tat weit entfernt waren. Aber ein Beweis dafür, dass sie die Erinnerung an die Ursprünge bewahrt haben, ist der aus dem 19. Jahrhundert stammende, und an der armenisch-katholischen Pfarrei von Budapest bewährte Silbergürtel mit eingelegten Edelsteinen, dessen einzelne Stücke Veduten von alten armenischen Städten, Varaghavank, Van, Etschmiadzin, Aghtamar darstellen (jedes Bild kann mit dem Maus vergrößer werden).

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In der Mitte des Raums der Anfänge sind wir vom Ikon von St. Gregor der Erleuchter, Apostel der Armenier begrüßt, dank dessen Bemühungen Armenien in 301 das erste christliche Land wurde. Es ist ein schöner Übergang vom Ararat zur anderen, siebenbürgischen Hälfte des Raums, dass das in der armenischen Kirche von Szamosújvár/Gherla bewährte Ikon des Bischofs aus dem 3. Jahrhundert im Stil des siebenbürgischen Volksbarock gemalt wurde, ebenso wie seine auf dem Hauptplatz des armenischen Viertels Isfahans stehende Statue die Züge der Figuren des persischen Heldenepos trägt.



Die siebenbürgische Ansiedlung ist nur durch wenigen Archivbildern und Objekte – Brautkasten und ein Paar Hochzeit-Medaillons der Issekutz-Familie – aus „den vier armenischen Gemeinden“, Szamosújvár (Gherla, Armenopolis, Հայաքաղաք–Hayakaghak), Erzsébetváros (Eppeschdorf, Dumbrăveni), Gyergyószentmiklós (Gheorgheni), Csíkszépvíz (Frumoasa) wachgerufen, vor allem aus der ersten, dessen Kirchensammlungen einen großen Teil der ausgestellten Material lieferten.

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Der nächste Raum illustriert die Geschichte des armenischen Buchdrucks mit einer großen Anzahl von nie ausgestellten Bücher aus armenischen Sammlungen im Karpatenbecken, darunter die weltweit erste gedruckte armenische Bibel und armenisches Lehrbuch. Dieses Thema bietete auch die Gelegenheit der Ausstellung, die für das fünfte Zentenarium der Veröffentlichung des ersten gedruckten armenischen Buches, des vom venezianischen Hakob Meghapart („Jakob, der Sündiger“) an der Wende von 1512-13 gedruckten Gebetbuches Urbatagirk, das „Freitagsbuch“ organisiert wurde.

Die kurzen Zusammenfassungen zu den einzelnen Vitrinen geben einen Überblick über die Geschichte der armenischen Typographie. Die Buchdruckerei von Hakob Meghapart wurde durch seinen Nachfolger nach Konstantinopel umsiedelt, wo im 18. Jahrhundert über 300 Werke in mehr als zwanzig armenischen Druckereien veröffentlicht wurden. Allerdings stammt der Großteil der Bücher der siebenbürgischen Armenier, die sich im späten 17. Jahrhundert mit der katholischen Kirche vereinigten, aus der Typographia Polyglotta der römischen Propaganda Fide: bis zum Ende des 18. Jahrhunderts kennen wir 44 hier veröffentlichte Werke in armenischer Sprache. Das Mechitaristen-Orden, das in 1701 in Konstantinopel gegründet wurde und seit 1715 bis zum heutigen Tag auf der Insel St. Lazarus in Venedig tätig ist – die „armenischen Benediktiner“, die größten Exponenten der Armenologie jener Zeit – gaben ihre armenische Bücher bis zum Ende des 18. Jahrhunderts in italienischen Druckereien aus, aber im Jahre 1789 gründeten sie ihre eigene Buchdruckerei, wo sie Hunderte von Bücher in fast vierzig Sprachen veröffentlichten. Durch der armenischen Diaspora erreichten diese auch an den entlegenen Provinzen des Osmanischen Reiches. Im Jahr 1773 hat eine Gruppe der venezianischen Mechitaristen in Triest, und in 1810 in Wien umgesiedelt, wo sie eine wichtige wissenschaftliche und ausgeberische Tätigkeit entwickelt haben.

Ein ungarischer Drucker aus Siebenbürgen hat auch eine entscheidende Rolle in der Geschichte der armenischen Typographie gespielt. Der einflussreichste armenische Drucker, Voskan Yerevantsi hat seine Druckerei in Amsterdam in 1660 gegründet, und als er mit den verfügbaren armenischen Schriftarten unzufrieden war, beauftragte er den dort arbeitenden Miklós Kis of Misztótfalu, eine neue armenische Druckschrift zu entwerfen, die sich schnell in ganz Europa verbreitete, und seine verschiedene Versionen noch in Gebrauch sind.

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Ein besonderer Raum ist gewidmet, offensichtlich aufgrund der Reichhaltigkeit des Materials, zu den Denkmälern der siebenbürgischen armernisch-katholischen Kirche, Porträte von Prelaten, Kirchenkleider, votive und Altarbilder. Die aus Szamosújvár/Gherla stammenden drei Porträte stellen nicht unbedingt die größten Persönlichkeiten dar, sie hätten auch jemanden anderen gewählt können, wie Bischof Minas Zilifdarean (1610-1686), unter dessen Führung die Armenier in Siebenbürgen einwanderten. Jedoch sind diese drei Porträte gute Darstellungen des breiten sozialen und geographischen Spielraums der armenischen Intellektuellen, und ihre Wahlmöglichkeiten zwischen verschiedenen kulturellen Zentren. Der in Moldau geborene Oxendio Virziresco (Verzár) (1655-1715) studierte im römischen Missionskolleg der the Propaganda Fide. Seit 1685 arbeitete er, zuerst unter großem Widerstand, aber am Ende mit einem vollen Erfolg, an der Verenigung der siebenbürgischen Armenier mit der katholischen Kirche, und in 1690, nach dem Tod von Bischof Minas, wurde er zum Führer der armenischen Kirche in Siebenbürgen. Stephano Roska (1670-1739) stammte aus einer armenischen Familie von Kamenets-Podolsk. Er war armenischer Provost in Stanislawów (heute Ivano-Frankiwsk), und im Namen des armenischen Erzbischofs von Lemberg besuchte er die vier armenischen Gemeinden von Siebenbürgen, wo er eine Reihe von wichtigen religiösen Gesellschaften gründete. Mihály Theodorovicz (1690-1760) wurde in Bistritz/Beszterce/Bistrița, damals eine wichtige armenische Siedlung, geboren, und hat vom Handelsassistent zum Archidiakon von Szamosújvár geworden. Er baute die erste armenische Steinkirche von Szamosújvár, die Salamonkirche (1723-25), und hat den Gregorianischen Kalender eingeführt. Maria Theresia ernannte ihn Bischof, das aber schließlich keine kirchliche Anerkennung erhielt: seit jener Zeit gehören die armenisch-katolischen Gemeinden Siebenbürgens unter dem römisch-katholischen Bischof von Gyulafehérvár/Alba Iulia.

Von den 1770er Jahren war der Kult um die Königin des Rosenkranzes in Szamosújvár in Blume, und ihre Schutznahme wurde in der Anzahl von Votivbilder anerkannt, die als Zeichen der Dankbarkeit für die Rettung aus einiger großen Gefahren angeboten wurden. Auf den hier ausgestellten Bildern sagen ein der Hochflut entgangene Ritter, ein Feuer überlebte Familie, und eine von der Krankheit genesen Frau Dank der Fürsprache der Jungfrau Maria.


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Bis Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die Beziehungen der Armenier mit ihren ehemaligen Zentren im Krim und Anatolian locker, aber der Weg zum Aufstieg in die ungarische Bourgeoisie war offen für sie. Sie änderten ihre Sprache für ungarisch, und unter all den ethnischen Minderheiten nahmen sie im größten Maß Teil in der Führung und Finanzierung des ungarischen Freiheitkampfes von 1848-49. Zwei der berühmten dreizehn Generäle, die am 6. Oktober 1849 von den Österreichern in Arad hingerichtet wurden, Ernő Kiss und Vilmos Lázár waren Armenier, sowie auch General János Czetz, der im Exil zum Gründer der argentinischen Kriegsgeographischen Instituts wurde, das unter seiner Leistung die kartographische Aufnahme des ganzen Landes ausführte. Nach dem Ausgleich von 1867 zwischen dem Hof von Wien und der ungarischen politischen Elite nahmen die Armenier in großer Zahl Teil am politischen und kulturellen Leben Ungarns. Der letzte Raum ist ein Porträtgalerie ihrer prominentesten Vertreter.

Auf der anderen Seite, als Ausgleich für die Assimilation, wurde die Ideologie des Armenismus geboren, mit dem Ziel der Stärkung der armenischen Identität. Seine Anhänger begannen ausgebreitete Forschungen der Geschichte der siebenbürgischen Armenier, starteten die Zeitschrift Armenia in Szamosújvár, und in 1905 gründeten sie das Armenisches Museum (das gerade jetzt, im März 2013 seine in den 1950er Jahren verstaatlichten Sammlungen zurückerhielt). Einige Verträter des Armenismus, wie Kristóf Lukácsy und Kristóf Szongott schlossen sich auch an der Forschung der ungarischen Vorgeschichte, und in mehreren Veröffentlichungen die sprachliche Verwandtschaft der ungarischen und armenischen Sprachen verteidigten. Die Vitrine des letzten Raums präsentiert eine Auswahl von Publikationen über armenische Themen aus dem 19. und 20. Jahrhundert.


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Die Wände des aus der Ausstellung ausführenden Flurs sind mit Fotos von armenischen Familien aus der Wende des Jahrhunderts, Dokumenten der Alltagsgeschichte bekleidet. Hunderte von Leben und Geschichten, die deutlich zeigen, wie viel in dieser Geschichte noch zu forschen ist. Und in diesem Sinne ist der Titel dieser Fotosammlung, Spiegelfragmente, in der Tat für die gesamte Ausstellung gültig.

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