Gulistan


„Frage, was du nicht weißt, weil die Demütigung des Fragens wird dich auf die Würde des Wissens führen“
Saʿdi: Gulistan

Gulistan – Vargaar: همساده Homsadah (Nachbarn)

Diejenigen, die auf dem río Wang reisen, kennen den Wert von Serendipität. Am Ende des letzten Jahres fielen mir auf einem lokalen Antiquitätenmarkt zwei Dokumente mit markanter Kalligraphie ins Auge. Eine zweihundert Jahre alte persische Handschrift in East Yorkshire deutet auf eine interessante Reise. Zusammen mit den Dokumenten gab es auch ein maschinengeschriebenes Brief vom 30. August 1967, von G. Meredith-Owens, Direktorstellvertreter des Department of Oriental Printed Books and Manuscripts des British Museum. Es lautet so:

Sehr geehrter Herr,

Die drei Dokumente, die Sie im Oriental Students’ Room gelassen haben, sind wie folgt:

1) Diplom vom Schah von Persien von A.H. 1227 (A.D. 1812-13) über die Verleihung einer Dekoration (des Ordens des Löwen und der Sonne) an Sir Gore Ouseley (gest. 1844), britischer Botschafter in Persien.

2) Ein Brief (wahrscheinlich eine Kopie) an ʿAbbās Mīrsā, Gouverneur von Aserbaidschan, von seinem Bruder. Es ist eine Petition für Gefälligkeiten von einem reichen Verwandten.

3) Ein Brief auf Armenisch. Leider haben wir keinen armenischen Expert an der Abteilung, aber es scheint, dass das Italienisch die Übersetzung des Briefes ist.

Ich sende die drei Dokumente per Einschreiben zurück.


Es scheint, dass ich zwei von der drei so beschriebenen Dokumenten habe, aber welche? Das Diplom über die Verleihung des Ordens des Löwen und der Sonne an Sir Gore Ouseley, und das Brief auf Armenisch? Ich habe nichts auf Italienisch. Während man einige Informationen über Sir Gore Ouseley finden kann, über das zweite Dokument gibt es keine, und ich würde dankbar für irgendwelche Hilfe den Lesern von río Wang.

Das Diplom zeigt einige Wasserschäden an einer Kante, und war offensichtlich in der Vergangenheit eng gefaltet, ist aber ansonsten in gutem Zustand. Es ist derzeit gerahmt und unter Glas, so dass die folgende Bilder imperfekt, aber lesbar sind. Es ist empfohlen, den Ansicht zu vergrößern.



Wer war Sir Gore Ouseley?

Sir Gore Ouseley, 1830, mit zwei wichtigen Orden (siehe unten)
„Sir Gore Ouseley, 1. Baronet (1770-1844). In Indien zwischen 1787 und 1806, im Hof von Oudh/Awadh in Lucknow, 1800-1804. Ein beträchtlicher persischer Gelehrte. Verfasser von Biographical Notes on Persian Poets. Einer der Gründer der Royal Asiatic Society.“ Dies ist, wie Sir Denis Wright führt ihn ein in The English Amongst the Persians: Imperial Lives in Nineteenth-Century Iran.

Ouseleys Ernennung im Jahre 1810 als Botschafter im Qajar-Hof von Schah Fath Ali markierte eine Verschiebung in den britischen Interessen an Persien, die bis dann weitgehend in den Händen der Ostindien-Kompanie gelassen war. Im Vorgriff auf das spätere „Great Game“ mit Persien als Pufferstaat zwischen Russland und Indien, waren nun die Beziehungen zu wichtig geworden, um sie an die Kompanie zu lassen. Die Ziele der Agenten der Kompanie in Kalkutta und der britischen Regierung in London waren zunehmend in Widerspruch, und die Ernennung von Ouseley als „Ambassador Extraordinary and Plenipotentiary“ zum Qajar-Hof war „ein Schlag ins Gesicht“ für die Ostindien-Kompanie, und ein klares Indiz der Absicht, eine ständige diplomatische Vertretung in Persien zu haben.

Banyan, Blätter und Früchte. Ein Aquarell aus der Ouseley-Sammlung, jetzt in Kew Gardens.
Ouseley hatte in Indien gedient, und war flüssig in Persisch und Arabisch. Er war auch ein Sammler von Handschriften. Seine Anweisungen von der Regierung waren allumfassend, und wahrscheinlich auf seine Ansicht gelassen, inklusive einer Petition an Schah Fath Ali für den Zuschuß eines Landes für den Bau einer der Würde des Botschafters entsprechenden Residenz in Tehran, dessen Kosten mussten £ 8.000 nicht überschreiten. Er wurde auch angewiesen, Handschriften für das Britisch Museum und Saatgut für Kew Gardens zu kaufen.

Ouseley machte sich auf dem Weg aus England am 18 Juli 1810 zusammen mit Lady Ouseley und ihrer kleinen Tochter, sowie mit seinem Bruder und Sekretär, der Gelehrte Sir William Ouseley. Auf einem zweiten Schiff folgte ihn der nach Hause kehrende persische Gesandte Mirza Abdul Hasan und seine persische Diener. In mehreren Etappen kamen sie in Januar 1811 in Bombay an. Nach einer Ruhepause und Briefwechsel erreichten sie am 1 März den Hafen von Abu-Shahr. Die Überlandfahrt von Bushehr nach Teheran mit allen Gepäcken und diplomatischen Geschenken war langsam und mühsam, besonders für Lady Ouseley, die ihrer zweiter Tochter in Shiraz Geburt gab. Es gab auch ständige Reibung wegen Protokollfragen, als diese keine bloße Handelsdelegation war, und Ouseley „streng auf die Durchsetzung der ihm als Botschafter und Bevollmächtigter gebührenden Ehre achte“.

Britische Delegation im Hof von Schah Fath Ali: Gore Ouseley, John Malcolm und Harford Jones (Teil des Wandgemäldes des Nigaristan-Palastes, 1816-20)

Nachdem sie Teheran erreichten, lehnte Ouseley ab, mit den Hofvermittlern zu unterhandeln, und wurde von Schah Fath Ali am 30. November 1811 in Audienz empfangen. Ouseley hatte aus London den auf einer früheren Ausarbeitung
Schah Fath Alis Porträt im Gulistan-Palast. Für weitere Porträts des Schahs, siehe hier
von Harford Jones basierende „Definitive Treaty“ mitgebracht. Dieser Entwurf – mit einem Auge auf Frankreich – versprach Persien britische Hilfe gegen europäische Aggression, aber mit Napoleons Niedergang und den erneuerten persisch-russischen Feindseligkeiten wurde er bereits von den Ereignissen überholt. Er wurde schließlich in März 1812 unterzeichnet.

„Am 25 Mai 1812 fuhr die Botschaft aus Teheran, die eine ungesunde Residenz während der Hitze des Sommers war, zur kühleren Hauptstadt Tabriz über die berühmte Stadt Qazwin. Auf dem Weg erhielt der Botschafter Informationen, dass der Frieden zwischen England und Russland vermutlich abgeschlossen wurde, und dass ein russischer Diplomat, Oberst Freygang vom georgischen Oberbefehlshaber zur englischen Botschaft in Tabriz gesendet wurde. Diese Tatsache wurde bald verifiziert, und sie erleichterte Sir Gore, die Friedensverhandlungen zwischen Persien und Russland durch die Vermittlung von England zu beginnen.“ (Memoir, lxxviii).

Als Vermittler auf Antrag des Russen überzeugte Ouseley den Schah, einem Friedensvertrag mit Russland beizutreten. Das war der berüchtigte Vertrag von Gulistan, der am 12. Oktober 1813 beim Fluss Seiwa, im Dorf von Gulistan (heute Goranboy, Azerbaidschan) unterzeichnet wurde. Als Wright beschreibt: „Der resultierende Vertrag von Gulistan vom 12. Oktober 1813 war ein herber Schlag für die Perser, die gezwungen waren, praktisch alle ihre Gebiete nördlich des Flusses Araz aufzugeben, der somit der nordwestliche Grenzfluss des Landes wurde und blieb.“ Während das Kaspische Meer für die gewerbliche Flotten beider Länder offen blieb, Russland hatte das ausschließliche Recht, seine Militärflotte auf dem Kaspischen zu stationieren. Die Situation wurde noch schlimmer, als London im März 1812 den „Definitive Treaty“ nachbedachte, und eine neue Version verhandelte, die in November 1814 ordnungsgemäß unterzeichnet wurde. Bis dahin war Ouseley schon auf seinem Weg zurück nach London über Sankt Petersburg. Was auch immer die politischen Realitäten waren, es war kein Höhepunkt der englisch-persischen Beziehungen. Man fragt sich daher, für welchen Vertrag Sir Gore Ouseley den Orden des Löwen und der Sonne erhielte? Für den „Definitive Treaty“ zwischen England und Persien von 1812, oder den Gulistan-Vertrag zwischen Russland und Persien von 1813?


In Sankt Petersburg erhielt Ouseley den Grand Cordon des Ordens des Heiligen Alexander Newski. Diese Medaille, zusammen mit jener des Ordens des Löwen und der Sonne, können diejenige sein, die auf dem Wappen von Ouseley erscheinen, obwohl das Datum des Diploms problematisch scheint; dennoch sieht die Medaille mit dem roten Band so wie der St. Alexander-Newski-Orden aus.


Diese etwas primitive „Miniatur“ kann zwar vom College of Arms nicht anerkannt werden, aber die an Symbolen reiche liebliche ätiologische Geschichte verdient es, hier publiziert zu werden.

„Nach einer in den alten Stammbäumen der Familie Ouseley während vielen Generationen erhaltenen Tradition verheiretete ein tapferer Kavalier der Familie eine wunderschöne junge Dame namens Agnes. Dies geschah in der Zeit Königs Edward I, der nach seinem Rückkehr aus dem Heiligen Land durch Shropshire marschierte, um den Prinzen von Wales (sic) anzugreifen. Ouseley, der ein Mann von einem gewissen Rang in dieser Grafschaft war, hielt es für seine Pflicht, eine Tagereise vor dem King zu reiten, um ihn zu treffen und in sein Haus einzuladen. Am nächsten Tag zog auch Agnes, von ihren Jungfrauen begleitet, eine kurze Strecke aus, um ihren Mann und den König zu treffen. Als sie schon in der Nähe des königlichen Heeres war, stürtzte ein riesiger schwarzer Wolf aus einem Stechpalmebusch hervor, und biß in ihre Hand ein. Das wilde Bestie verbiß sich so sehr in seine Beute, dass der wütende Kavalier konnte es in der Gegenwart des Königs ergreifen, erwürgen, und seinen Kopf von seinem Körper reißen. Vor diesem Abenteuer war das Wappen der Familie Ouseley „gold, ein Balken oben, ein Zobel“, aber bei dieser Gelegenheit gewährte der König seine Vermehrung mit „drei Stechpalmenblätter, grün“, und fügte hinzu „einen schwarzen Wolf mit einem gelösten roten rechten Hand im Mund, auf einer Fürstenkrone, mit dem Motto: »Mors Lupi, Agnis vita«“. Und es wird gesagt, dass in einer Kirche in Shropshire gab es ein Denkmal mit den Figuren dieses Kavaliers und seiner Frau, auf dem sie ohne der rechten Hand dargestellt wurde.“

Aus dem „Memoir of Sir Gore Ouseley” in Biographical Notices of Persian Poets; with Critical and Explanatory Remarks by The Late Right Honourable Sir Gore Ouseley, Bart., London & Paris 1846.

Einige Einzelheiten des Diploms des Löwen und der Sonne tragen eine gewisse Ähnlichkeit zu einer Firman in Nastaliq-Kalligrafie aus derzelben Zeit.

Eine von mehreren Unterschriften und Siegel auf der Rückseite:


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Von dem zweiten Dokument auf Armenisch ist nichts bekannt, und jede Hilfe wäre wilkommen. Seine Verbindung mit dem persischen Diplom kann kein Zufall sein, als sie das gleichen Datum haben. Als es 200 Jahre alt ist, kann sein Stil formell und höfisch sein. Wenn jemand bereit ist, eine Übersetzung irgendwelches Dokuments zu versuchen, bitte benachrichtige mich durch río Wang.


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„Solange du nicht sprichst, wird dich niemand stören, aber wenn du sprichst, sei bereit, was du sagst, zu stützen.“
Saʿdi: Gulistan

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