Pola ist eine charmante Kleinstadt auf der istrischen Halbinsel, in der tiefen Bucht der Adria. Sie hat ein römisches Amphitheater und ein Siegestor, einen mittelalterlichen Hauptplatz und ein Renaissance-Rathaus, eine venezianische Festung, eine Markthalle aus der Zeit der Monarchie, und ein permanent geschlossenes archäologisches Museum. Und vor hundert Jahren hatte sie auch einen Militärhafen.
Die österreichische Marine wahlte 1859 den Hafen von Pola als ihre Hauptbasis und das Zentrum des Schiffbaus aus. So blieb es bis zum 31. Oktober 1918, dem letzten Tag des Krieges, wenn einige von D’Annunzio inspirierten italienischen Offiziere führten die spektakulärste Heldentat der italienischen Marine aus, und sprengten in die Luft im Hafen von Pola das Kriegsschiff Viribus Unitis, das Flaggschiff der Monarchie. Der einzige Schönheitsfehler des Unternehmens war, dass die Helden wussten nicht, dass der Krieg schon vorbei war, und das Schiff dem neu gegründeten südslawischen Staat übergeben geworden war, dessen vierhundert Schiffsmänner bei der Explosion starben.
Dies zeigt auch, dass die Mannschaft der Flotte immer multi-ethnisch war, wie die Monarchie selbst. Heute fühlen insbesondere die Tschechen eine Sehnsucht nach das erste und letzte Meer ihrer Geschichte – wenn wir dasjenige nicht zählen, das Shakespeare gab ihnen –, und im letzten Jahr gedachten sie mit einer großen Ausstellung und einigen Memoiren der tschechischen und mährischen Schiffsleute der Monarchie, worüber wir bald berichten werden. Nach den Statistiken erfüllten sie und die Deutschen meist technische und organisatorische Aufgaben, die Mehrheit der Kanoniere waren ungarisch, während die Matrosen meist italienisch und kroatisch. Aber wir wissen auch über russinische, polnische und rumänische Schiffsleute, und um die Jahrhundertwende dienten auch vier jüdischen Seeoffizieren in Pola. Allerdings gab es nur einen hebräischen Seemann in der Monarchie: Aurél Göndör, der populäre Komiker von Budapest.
Aurél Göndör: Héber tengerész (Der hebräische Seemann), um 1909
Tudja rólam mindenki, hogy nem vagyok merész Leider mégis vagyok én egy héber tengerész. Tauli * lettem, be is hívtak engemet Pólába S ott tartottak tengerésznek ebbe a gúnyába Refr: Hej, mondd Lipi, hitted-e, hogy tengerész leszel Hogy életedben a hajón szolgálatot teszel No de sebaj, nem busulok, sorsom bár nehéz: Én vagyok az egyedűli Jordán-tengerész. Hogyha már a kegyetlen sors engem idetett, Ó, Jehova, hallgasd meg az én kérésemet: Zsidó vagyok, vitorlázom sima Adrián, Add meg nékem, Jordán vizén legyek kapitány. Refr, azzal az utolsó sorral: …én vagyok az egyedűli zsidó tengerész. Hogyha járnak dühös szelek, s minden háborog A hajó kész ringlispíl, amely forog-forog. Én áthajlok a korláton, s mérgem kiadom Fájó lelkem ott kóvályog zsidó piacon (?) Refr: …én vagyok az egyedűli Jordán-tengerész. Én Istenem, hogy hiányzik a hajón a nő. Éjjel csupa tűz a testem, és a fejem fő. A tengertől ovakodjék Izráel szent népe: Csak álmában áll előtte Vénusz asszonyképe. Refr: Lipi, Lipi, ne busulj, ha letelik időm Hazamegyek, szabad leszek, lesz is szeretőm Szőke-barna, mindenfajta, zsidó-keresztény, Minden leány így kiált: Lipi derék legény! | Jeder weiß dass ich nicht abenteuerlich bin, Leider bin ich trotzdem ein hebräischer Seemann. Ich war tauli, * also wurde ich in Pola gebracht, und dort als Seemann in dieser Uniform gehalten. Refrain: Hei, Lipi, hast du jemals gedacht, ein Seemann zu sein? dass du jemals auf einem Schiff dienen werdest? Es mach nichts, auch wenn dein Schicksal ist schwer: Ich bin der einzige Jordan-Seemann. Wenn der grausame Schicksal mich einmal hier brachte, ach, Jehova, höre meine Bitte: Ich bin ein Jude, ich segele auf der glatten Adria, lass mich aber einmal Kapitän auf dem Jordan sein. Refrain, mit dem letzten Vers: …Ich bin der einzige jüdische Seemann. Wenn böse Winde kommen, und alles aufwirbeln, ist das Schiff ein Karusell, das immer nur umdreht. Ich beuge mich über das Geländer, ich gieße meinen Zorn aus, und meine Seele irrt auf dem jüdischen Markt um. Refrain: …Ich bin der einzige Jordan-Seemann. Ach mein Gott, wie vermisse ich die Frauen auf dem Schiff! In der Nacht ist mein Körper und Kopf all Feuer. Behüte sich das heilige Volk von Israel vom Meer wo man sieht die schöne Venus nur in Träumen. Refrain: Lipi, Lipi, es macht nichts, deine Zeit wird vorbei sein Ich gehe nach Hause, ich werde viele Liebhaber haben. Blondinen, Brunetten, alle Art, Juden und Christen, alle Mädchen schreien: Lipi ist ein tapferer Bursche! |
Ich bin nicht ganz sicher, wie ich „Jordan-Seemann” schreiben soll. Es kann kein Volksname (”jordanische Seemann“) sowie „hebräisch“ und „jüdisch“ sein. Der Autor konnte offensichtlich nicht das jordanische Königreich im Auge haben, das erst 1946 unabhängig wurde, und mit dem er sich onehin nicht identifiziert hätte. Vielleicht stellt er sich lieber als Matrose auf dem Jordan dar, wie er es auch in seinem Gebet bittet. Dieser Hinweis zeigt die post quem des Liedes, die Jahrhundertwende, wenn sowohl der Zionismus als der Sänger ihre ersten großen Erfolgen erzielten. Und die Tatsache, dass er sein Verlangen nach christliche Frauen offen verkünden kann, zeigt auf eine traurige ante quem, die er glücklicherweise nicht erlebte. Er starb 1917, noch vor der Auflösung der österreichisch-ungarischen Pola.
Ist es vielleicht er, Aurél Göndör, am Ausgang in Pola? (Fortepan)
Die um 1909 veröffentlichte Grammophonscheibe wurde zusammen mit vielen anderen Scheiben Auréls Göndör vom Gramofon Online digitisiert. Und jetzt das Ungarische Jüdische Museum und Archiv von Budapest feiert mit sie ihre Zentenarausstellung, die morgen, Samstag Abend um 20:155 geöffnet wird. Wir empfehlen den Besuch allen unseren Lesern. Mazel tov!
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