Postkarte mit unbekannten Kindern


Familienalbum:
Alba, 1867
Hong Kong, 1897
Marseille, 1900
Paris, 1904
Valenciennes, 1918
Buenos Aires, 1930
Dies ist kein Foto aus dem Album, sondern ein von diejenigen, die ich in der Schachtel gefunden habe. Ein Foto mit einem Stempel darauf, und mit einem Brief auf der Rückseite.

Es ist unmöglich, das Datum des Stempels zu entziffern, aber aus dem Inhalt des Briefes kann man sich vorstellen, das es kurz nach der Geburt meiner Großtante geschrieben wurde – sagen wir, 1904.

Ich weiß auch nicht, wo das Bild aufgenommen wurde, so ist meine Rekonstruktion vielleicht nicht mehr als bloße Phantasie.

Sagen wir, dass ich einen Platz gefunden habe, der vor mehr als einem Jahrhundert dieser Ort gewesen sein konnte.

Ein Ort, der heute verlassen ist, in der Tat verlassen seit dem Tod des alten Schmiedes vor dreißig Jahren. Seine Witwe hat dann das Haus und die Werkstatt geschlossen, und ging weg.


Kann der Schmiede eines der Kinder auf dem Bild gewesen sein? Nein, er war zu jung dazu als er starb, er konnte nicht vor 1910 geboren sein. Vielleicht wird er der Sohn eines der Männer sein, die hier an uns lächeln.

Und die beiden kleinen Mädchen, geboren um 1900?
Ich weiß nichts von ihnen.


Aber es gibt Geschichten über zwei solche kleine Mädchen im Dorf, zwei verwaiste Schwestern, die mit der Unterstützung des Fürsorgevereins aufgewachsen wurden. Sie haben nie geheiratet, blieben Diener bis zu ihrem Tod. Die ältere, nur um ein Jahr, hieß Luise, die jüngere Blanche.
Ich kennte nur Blanche als ich ein Kind war. Louise war schon seit Jahren tot, aber mein Vater erinnerte sich noch daran, wie sie ihn als kleinen Knaben verfolgte, und ihn in einem Wutausbruch mit Brennnesseln peitschte. Die Blanche, die ich kennte, war eine große, wilde Frau mit einem Knoten von weißem Haar und einer Schubkarre voller Wäsche, die für sich sprach. Sie hatte einen alten, müden schwarzen Hund, und sie schrie immer auf ihn in den Dorfgassen: „Allez viens, Gamin!“ – „Komm, Bub!“
Eine sehr beängstigende alte Dame – aber auch sie muss vor langer Zeit ein Kind gewesen sein, wie jeder andere. Einen Tag, als sie aus der Waschküche kam, traf sie meine Mutter auf der Straße, und, obwohl sie mit niemandem sprach, griff sie in ihren Korb ein, zog ein Bündel von Zwiebeln aus, und gab es meiner Mutter. „Nimm, es ist deines”, sagte sie. Ich hoffe, das für jenes Bündel von Zwiebeln bekam sie eine kleine, ruhige Ecke im Himmel.

Was die verlassene Werkstatt betrifft, vermute ich, das sie ist dieselbe, als auf der Postkarte. Der Handwerker war ein bescheidener Eisenarbeiter, der Eisentore, Dachrinnen, Gitter, Ketten und Spannstangen für die Maurer und Zimmerleute des Dorfes fertigte – einige von diesen, an die Wand gelehnt, warten immer noch, verwendet zu werden. Und hinter den staubigen Fenstern erscheint die Werkstatt ruhig, gespenstisch ruhig, mit allen jenen Maschinen, die darauf warten, die Arbeit wieder zu beginnen.

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