Rosa Postkarten 9.


[21. Dezember 1914.]
Name des Absenders: K. Timó, Budapest, 1. Infanterie-Regiment
Adresse des Absenders: 3. Marschkompanie, 4. Zug

Adresse: An das geehrte Fräulein Antónia Zajác
III. Bezirk, Kis Korona Straße 52.
Budapest



Mein lieber Sohn!
Entschuldige, dass ich noch nicht geschrieben habe, aber jetzt kann ich desto bessere Nachrichten schreiben. Ich bin noch hier in der Kaserne, und werde zu Hause auch für Weihnachten. Man bewacht uns so sehr, dass wir nicht einmal in den Hof ausgehen können, aber für das Fest werden wir vielleicht heimgelassen werden. Wenn nicht, komm hier am Nachmittag des ersten Tages, gehe zu meinen Eltern, und komm mit ihnen. Wir haben bereits das ganze Essen für das Schlachtfeld erhalten, und jetzt wurden wir befohlen, es zu essen, denn es wird schief gehen. Wir waren in solcher Unsicherheit, sie weckten uns sogar in der Nacht, und wir schliefen auf den Bänken. Wie geht es dir, hast du wohl? und deine Mutter und Schwestern?
Bis zum Wiedersehen umarmt und küsst dich dein dr.-Ju-e
Károly



Vorige Postkarten (graue Punkte):

Budapest, 11. Dezember 1914.
Budapest, 2. Dezember 1914.
Budapest, 28. November 1914.
Budapest, 27. November 1914.
Budapest, 18. November 1914.
Budapest, 27. Oktober 1914.
Debrecen, 25. September 1914.
Szerencs, 28. August 1914.
[Der Träger der guten Nachricth kam hier drei Tage zuvor. Vielleicht hätte der Verfasser des Briefes, Károly nicht einmal eine bessere Nachricht bekommen können. In der Mitte der Unsicherheiten und Turbulenzen erhielt er eine kleine Atempause von dem Schicksal.

Vielleicht wir alle haben Erinnerungen darauf, als wir am Heiligabend von unseren Lieben weit weg waren. In einer Kaserne am Rande der Stadt ist es nicht einfach einmal in Friedenszeiten, neben einem provisorischen Weihnachtsbaum ruhig zu bleiben; die Gedanken wandern weit über die Drähte.

Die Zeitungen berichten über den hellen Triumph von Limanowa/Ilmenau. Der in den Kriegsbericht eingewobene Wetterbericht der Pesti Napló scheint das Wetter unserer Tagen zu antizipieren: „Ich habe niemals mit so stolzen Hoffnungen unsere Truppen gefolgt, wie in diesen bedeutungsvollen Dezembertagen, die mit der sanften Brise des Frühlings spielen.“

Allerdings kämpft der 1. Infanterie-Regiment von Budapest mit den Russen fast an der gleichen Stelle auf dem Bergrücken der Karpaten. „In den Karpaten hat sich die Situation nicht wesentlich verändert“, berichtet lakonisch Generalmajor Hőfer, stellvertretender Chef des Generalstabs.]

„Jetzt ist der Winter unserer Unzufriedenheit gemacht glorreichen Sommer von dieser Sonne von York…“
Nächste Postkarte: 23 Dezember 1914

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