Zwei Feste



Diesem Post sollte ich eigentlich den Titel „Die Macht der Bilder” geben, denn das ist es, worüber ich reden wollte.

Oder welchen Titel würden Sie zu einem Post geben, der nur die beiden Fotos von diesen zwei verschiedenen russischen Neujahrs-Abendessen aufeinander veröffentlichen würde?

Fühlen Sie die in einem Bild vertretene Welt für besser als die andere? Möchten Sie lieber in der einen oder der anderen leben? Sehen Sie irgendwelche moralische (Rück)entwicklung in ihrer Reihenfolge, und wenn ja, welche?

Welche logische Zusammenhang projizieren Sie zwischen den beiden Bildern? Eine zeitliche? Es war so, es wurde so? Wenn ja, was für eine Geschichte erzählen sie? Oder eher eine Parallele, einen Kontrapunkt? Während diese so, diejenige so? Wenn ja, welches Bild stellt diese und welches diejenige dar?


Und was denken Sie, wenn jemand die zwei Bilder in einem Post auflegte, was würde er durch sie suggerieren wollen?

Und jetzt schauen Sie mit absolut frischen Augen an zwei völlig unterschiedliche Bilder über zwei absolut unterschiedliche Feste.



Versetzen Sie sich die gleichen Fragen.

Beeinflusst die Reihenfolge der Bilder Ihre Antworten? Identifizieren Sie sich eher mit demjenigen, das Sie erst sehen, oder mit dem, das als Kontrapunkt oder Pointe darauf folgt? Hat dasjenige, das früher mehr sympathisch war, jetzt fremder geworden?

Die einfache Grammatik, die im Auftischen jedes Bildes, das um Ihre Augen vorgestellt wird, anwesend ist, und die nicht nur dafür so überzeugend ist, weil sie weitgehend von unbewussten Übereinkommen geregelt ist, sondern auch weil sie in der Tat von uns hergestellt ist, ist in der heutigen Zeit besonders nützlich explizit zu machen.

1 Kommentar:

Studiolum hat gesagt…

In der ungarischen Version des Postes hat ein Kommentator bemerkt, dass es gibt eine besondere Literatur über das Problem, dass wenn zwei Menschen das Publikum zu ihrer Meinung überzeugen wollen, was ist besser, der erste oder zweite Sprecher zu sprechen. Oder, noch wichtiger, wie man sich argumentieren soll, wenn man der erste oder der zweite ist.

Das ist richtig. Dieses ganze Thema, die Überzeugung, visuelle Sprache, Psychologie der Propaganda / Werbung hat eine riesige Literatur. Es ist aber nich diese, was ich in diesem kurzen Blogpost übergeben wollte. Ich wollte nur die Aufmerksamkeit der Leser dieses Blogs, das sich so oft mit visueller Propaganda beschäftigt, darauf zu richten, wie sehr wir daran gewohnt sind, die logischen Verknüpfungen, die uns durch geschickt zusammengelegte Bilder vorgeschlagen werden, als Evidenz zu akzeptieren.

Das Problem der Reihenfolge ist nur eines der Werkzeuge, das im Post nur eine untergeordnete Rolle spielt, und ich habe es nur als Gegenprobe angesetzt. Es ist viel wichtiger, auf die vorigen Fragen zu reflektieren, und es deutlich machen, aus wie vielen möglichen Alternativen in der Regel – und in der Regel unbewusst – wir unsere Antworten auswählen.