Ich habe meine Augen geschlossen, und dann wieder geöffnet. Ja, es schien wahr zu sein.
Ist es Anzeichen für einen gewissen latenten Faden tschechischer Hoffnung, eine nostalgische Sehnsucht nach einer mythischen slawischen Vergangenheit, eine Gier nach der Wiedervereinigung von Československo mit dem verlorenen kleinen Bruder, Podkarpatská Rus? Der Vormarsch tschechischer Irredentisten, ermutigt vielleicht durch Putins Schlucken in einem Bissen der ganzen Krim?
Die Sache schien mir auch einigermaßen satirisch, also wandte ich zum Internet, um mehr zu erfahren. Es ist wahr, dass vor 1989 die sechs Steinrahmen in der Wand, die den Letná-Hügel von den nach Edvard Beneš und Kapitän Otakar Jaroš genannten Ufern trennt, für die sozialistische Propaganda benützt wurden. Nach dem Regimewechsel fielen sie aber in Vergessenheit. Seit 2005 sind sie wieder als öffentliche Kunstgalerie namens Artwall verwendet.
Die aktuelle Ausstellung, Verchovina, ist von der als „Kassaboys“ bekannten Gruppe von slowakischen Künstlern aus Košice (auf ungarisch Kassa) veranstaltet. Die Plakate dienen als Dokumente einer fiktiven Volksbestimmung zur Wiedervereinigung der Tschechoslowakei mit Subkarpatien, die ein integraler Bestandteil der Republik zwischen 1918 und 1939 war. Die Künstler selbst sagen, dass das Werk eine Reaktion auf die aktuellen Ereignisse in der Ukraine ist, wo eine in der Wirklichkeit inszenierte fiktive Volksbestimmung die Krim wieder unter russische Herrschaft gebracht hatte. Und ihre Wahl der Reihe der Parolen: Integration, Verbindung, Zugehörigkeit, Annexion sind eine Erwägung der möglichen Zukunft von Podkarpatská Rus (und, pars pro toto, der gesamten Ukraine) in Bezug auf die EU.
Die ursprünglichen Plakate zeigen, dass sie durch Zugabe der roten Parolen auf den Illustrationen eines deutschprachigen Reiseprospekts von Subkarpatien aus den 1930er Jahren zusammengesetzt wurden
Sie können mehr auf der Website Artwall (auf Slovakisch) und in diesem Artikel der Website Aktualně.cz (auf Tschechisch) erfahren.