Abschied vom Ararat


Als wir vor kurzem über die Ausstellung des Budapester Historischen Museums und der Széchényi Nationalbibliothek über die Kultur der Armenier in Ungarn geschrieben haben, hatten wir nur eine einzelne Kritik, wegen des Mangels eines Katalogs, der die wichtigsten Themen der Ausstellung ausführlich präsentiert hätte. Vor zwei Wochen, fast im letzten Moment vor der Schließung der Ausstellung wurde dieser Katalog und Studienband endlich veröffentlicht, und seine Präsentation am 16. September war der Schlußakkord der Ausstellung. Nach der Präsentation, wahrscheinlich als Ausgleich für die verspätete Veröffentlichung, wurde eine professionelle Führung für das Publikum angeboten. Das große Interesse am Thema war deutlich dadurch angezeigt, dass aufgrund der großen Zahl der Teilnehmer die Führung in zwei getrennten Gruppen realisiert werden musste.


Der Kult des Heiligen Gregors, des Erleuchters, Apostels der Armenier, war seit den Anfängen ungebrochen unter den Armeniern von Siebenbürgen. Darauf weist die große Anzahl der Altarbilder, die die Taufe des Königs Trdat III durch den Heiligen darstellen, unter anderem in den armenischen Kirchen von Armenierstadt (Szamosújvár/Gherla), Elisabethstadt (Erzsébetváros/Dumbrăveni), Csíkszépvíz (Frumoasa), oder in den Franziskanerkirchen von Deesch (Dés/Dej) und Hermannstadt (Nagyszeben/Sibiu).

Die Siedlungen der Armenier in Siebenbürgen

Die Altarbilder der armenischen Kirche von Niklasmarkt (Gyergyószentmiklós/Gheorgheni) und der Salamonkirche in Armenierstadt unterscheiden sich vom Rest dieser Darstellungen. Obwohl ihre zentrale Szene die gleiche Taufe ist, wird dies durch einen „narrativen Rahmen“, einer Reihe von Medaillons umgegeben, die die Qualen des Heiligen darstellen, und damit diese Bilder enger mit der von Agathangelos am Ende des fünften Jahrhunderts geschriebenen Geschichte der Armenier verbinden. Das Altarbild von Niklasmarkt ist ein besonders schöner Beweis für diese Verbindung, da hier die Medaillons auch durch kurze erklärende Texte begleitet werden.

Das ehemalige Altarbild der Salamonkirche in Armenierstadt, Anfang des 18. Jh.
(Armenisch-katholische Gemeinde, Armenierstadt)

Unsere Führerin, Emese Pál hat auf eine Kuriosität des Gemäldes von Armenierstadt hingewiesen, das bisher auf der Austellung oder im Katalog nie erwähnt wurde. Ein Restaurator, dem die Legende des Heiligen – die die Verwandlung des Königs in ein Wildschwein nach dem Einkerkern von Gregor erzählt – wahrscheinlich unbekannt war, hat das Medaillon mit der Darstellung dieser Szene missverstanden, und das gekrönte Wildschwein auf ein Lamm „korrigiert“.


Für die große Zahl der die Ausstellungen begleitenden kleinen Entdeckungen ist ein gutes Beispiel das Gemälde von Armenierstadt, das bisher für das Porträt von Stephanowicz Roska, des armenischen Propst von Stanisławów gehalten wurde. Die Enthüllung des Fehlidentifizierung, sagte Emese Pál, war das Verdienst einer Besucherin aus Lemberg, die darauf hingewiesen hat, dass das Gemälde aufgrund lokaler Analogien den armenischen Erzbischof von Lemberg, Jacob Stephan Augustinowicz darstellt. In der Tat haben es die Inventare von Armenierstadt bis 1877 als das Porträt von Augustinowicz bezeichet, wenn eine sorgfältige Hand seinen Namen ausgestrichen, und den von Roska darüber geschrieben hat, damit Generationen von Forschern vom armenischen Heimatforscher Kristóf Szongott bis heute irreführend.


Die Studien des Katalogs – worüber wir noch schreiben werden – wurden um die Themen der Ausstellung organisiert, und erschließen in einer kürzeren oder längeren Umfang jenen historischen und sozialen Kontext der siebenbürgischen Armenier, den wir vorher so sehr vermissten, oder auch forschen einige, auf der Ausstellung nich berührten Themen weiter. Solche sind die Studien der zwei armenischen Autoren, der schöne Essay von Armenuhi Drost-Abgarjan über die armenische Schriftkunst und Buchkultur, und die kurze Zusammenfassung von Meliné Pehlivanian über die Anfänge der armenischen Typographie. In ungarischer Hinsicht verdient der Aufsatz von Máté Tamáska eine besondere Erwähnung, da er das kulturell vielfältige städtische Milieu von Armenierstadt, der Ursprungsort der meisten der ausgestellten Objekte darstellt, das auf der Aufstellung eher im Hintergrund blieb.

Das sich aus den Studien abzeichnende Gesamtbild – vielleicht wegen der knappen Frist – scheint noch ein bisschen dünn, aber der bahnbrechende Charakter der Ausstellung, zusammen mit den in den letzten Jahrzehnten veröffentlichten wichtigen Arbeiten gleicht diesen Eindruck ab, und wird hoffentlich den Boden für weitere, tiefere Forschungen vorbereiten. Wir freuen uns auf die Fortsetzung.


Keine Kommentare: